Seit einigen Monaten wütet Corona auf der ganzen Welt und stellt die Menschen vor allerhand Probleme, allen voran gesundheitlicher, aber unter anderem auch beruflicher und wirtschaftlicher Art.
Wie bei sicherlich vielen anderen Menschen kommen bei mir aber auch noch ein paar weitere Probleme hinzu. Die psychischen Auswirkungen von Covid-19 mit all seinen Folgen trafen mich härter, als ich es zu Beginn der Pandemie gedacht hätte.
Mit meinem ersten Arbeitstag nach zwei Wochen Urlaub traten Ende März gleich die Ausgangsbeschränkungen in Kraft, im Büro wurde zudem 50% Kurzarbeit veranlasst. Statt mit meinen Mitarbeitern durfte ich an meinen Arbeitstagen alleine im Büro sitzen, die Kollegen entsprechend an meinen arbeitsfreien Tagen. Das „einsame“ Arbeiten störte mich nicht, ganz im Gegenteil. Die „freien“ Tage hingegen entpuppten sich schnell als Übel. Die aus der Not gewonnene Freizeit wirklich nutzen konnte ich nicht, die meisten Geschäfte hatten ja geschlossen und ein Treffen mit Freunden untersagt. So blieb mir nichts übrig, als zu Hause zu bleiben, alleine mit meinen Gedanken.
Ich hätte an den vielen Ideen in meinem Kopf schreiben können. Oder endlich die Zeit nutzen und ausgiebig für’s Studium lernen. Doch so sehr ich es versuchte, ich schaffte es nicht, mich dazu aufzuraffen. Der fehlende Rhythmus eines geordneten Tages machte sich schnell bemerkbar. Abends dann verfluchte ich mich dafür, den Tag nicht produktiv genutzt zu haben. Und so wurde der schwarze Hund, den ich in den letzten Monaten erfolgreich in einen Zwinger gesteckt hatte – und der sich nur selten daraus befreit und mich wieder niederzuringen versucht hatte – aus seinem Gefängnis befreit und konnte mich mit all seiner aufgestauten Energie zu Boden werfen. Schnell versank ich wieder in dem schwarzen See aus Zweifeln, Selbstvorwürfen und Ängsten, in dem mich der Hund schon in der Vergangenheit regelmäßig zu ertränken versuchte.
Konnte ich mich in der Vergangenheit mit Hilfe meiner Freunde aus den Tiefen des schwarzen Sees ziehen oder mich aus den Fängen des schwarzen Hundes befreien, so war auch dies dank der voranschreitenden Pandemie diesmal nicht möglich. Klar, dank den sozialen Medien und gemeinsamem Videospielen mit Headsets war der tägliche Kontakt noch immer gegeben. Doch den persönlichen Kontakt, eine aufmunternde Umarmung, konnte das nicht ersetzen. Dass sich zudem eine wichtige Person, die mir zuvor in solch harten Zeiten stets beigestanden und mich wieder aufgebaut hatte, sich vielen gemeinsamen Jahren plötzlich – ohne für mich ersichtlichen Grund und ohne Erklärung – von mir abgewandt zu haben schien, zog mir den ohnehin schon wackeligen Boden unter den Füßen weg.
Ganz nebenbei musste ich das begonnene Studium (vorerst) abbrechen, da ich durch de Corona-bedingte Kurzarbeit & die daraus folgende Geldknappheit nicht mehr in der Lager war, die (nicht unerheblichen) Monatsbeiträge der Universität zu stemmen. Zwar besteht die Möglichkeit, das Studium wieder neu aufzunehmen, sobald es mein Geldbeutel wieder zulässt… doch das unweigerliche Gefühl, auch hier versagt zu haben, bleibt für’s Erste bestehen und stärkt die Depression mit weiterem Futter.
Das Wissen, dass eigentlich Corona daran schuld ist und nicht mein vermeintliches Versagen, dringt hierbei nicht zu meiner angeknacksten Psyche durch… ebenso wenig wie der vielzitierte Satz, dass es vollkommen in Ordnung sei, während der „Quarantäne“ unproduktiv zu sein und einfach „nichts“ zu machen (Meine Psyche ist ein bisschen wie die AfD: komm ihr nicht mit Fakten, das ändert ihre Meinung trotzdem nicht).
Mittlerweile hat sich die Corona-Situation in Deutschland ein wenig entspannt. Geschäfte haben wieder geöffnet, Ausgangsbeschränkungen wurden gelockert und die Kurzarbeit in unserem Büro wurde zurückgefahren (was zwar besser für den Geldbeutel ist, aber schlechter für meine Ohren… jetzt muss ich wieder den 5-Lieder-Sender SWR3 hören und kann nicht einfach das Radio aus machen, um meine eigene Musik laufen zu lassen).
Ich kann in meiner Freizeit wieder vor die Tür, ich kann wieder Freunde persönlich treffen (sofern sie sich nicht abgewandt haben) und mein Alltag hat zum Großteil wieder einen geordneten Rhythmus.
Die größte „Einschränkung“ im Alltag bleibt aktuell noch die verordnete Mund-Nasen-Bedeckung, aber die stört mich eigentlich kaum. Und auch wenn ich gerade bei den aktuellen Temperaturen gerne mal unter der Maske schwitze (was mit Bart nicht unbedingt besser wird), so kann ich mich darüber nicht wirklich beschweren – zumal maximal 2 Stunden am Tag nichts sind im Vergleich zu der Zeit, die Krankenpfleger/innen u.ä. die Masken den Tag über ununterbrochen tragen müssen. Die Maske erhöht nicht nur die Sicherheit in dieser gefährlichen Zeit, sie bewahrt mich auch davor, all die nervigen Menschen da draußen künstlich anlächeln zu müssen (auch wenn ich mich immer wieder ertappe, wie ich es aus Reflex dennoch mache).
Doch trotz all der Verbesserungen und Lockerungen, der schwarze Hund ist aus seinem Zwinger entkommen und momentan noch zu stark, als dass ich ihn wieder so ohne Weiteres einfangen könnte.
Meine Depression ist ein bisschen wie der Domino-Day bei RTL: Wurde der erste Stein erst einmal umgeworfen, ist es schwierig wieder aufzuhalten, was da ins Rollen geraten ist…